Bauherrschaft Stiftung Habitat
Architektur Harry Gugger Studio
Planung 2016-2017
Realisierung 2017-2020
Status Gebaut

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Auf dem Erlenmatt Ost Areal, im Norden von Kleinbasel, steht ein ehemaliges Silogebäude, das nun zum vielfältigen Begegnungs- und Arbeitsort umgebaut wurde. Das Silo der Basler Lagerhausgesellschaft (BLG) wurde 1912 nach Plänen des Basler Architekten Rudolf Sandreuter auf dem Gelände des ehemaligen deutschen Güterbahnhofs gebaut. Es war ein wichtiger Lager- und Abfüllort für alle Arten von Schüttgütern wie Getreide, Reis oder Kakaobohnen.

Nach dem Umbau gliedert sich das Silo in Unter-, Erd-, Ober- und Dachgeschoss. Die Zimmer des Hostelbetriebes befinden sich im Ober- und Dachgeschoss gegen die Strassenseite. Auf der Hofseite gegen Südwesten sind im Ober- und Dachgeschoss die Ateliers platziert. Im Erdgeschoss orientieren sich die Seminarräume zur Strasse und das Restaurant öffnet sich zum Hof. Die grossen, bullaugenartigen Fensteröffnungen, welche in die Silozellen geschnitten wurden, sorgen für Belüftung, Tageslicht und Ausblick.

Alte Betonbauten stellen hohe Anforderungen an die Ingenieure und Architekten. Die Bauten erfüllen meistens nicht mehr die heutigen Anforderungen an die Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit. Man ist geneigt, die Tragstruktur einer Totalsanierung zu unterziehen oder sogar abzubrechen. Durch eine enge Abstimmung des ingenieurtechnischen und architektonischen Konzeptes konnte beim Silo zusammen mit der Bauherrschaft eine optimale Lösung gefunden werden, welche die Struktur auch im Hinblick auf die CO2-Problematik wiederverwendete. Die Stahlbetonstruktur des Silos konnte damit weitgehend erhalten werden, ohne eine teure und oberflächenverändernde Sanierung durchführen zu müssen.

Der alte Stahlbetonbau war bezüglich dreier Eigenschaften ungenügend und entsprach nicht den heutigen Anforderungen an ein sicheres und dauerhaftes Gebäude. Die Erdbebensicherheit sowie die Brandsicherheit waren für eine Umnutzung nicht ausreichend. Auch war die Karbonatisierung im teilweise porösen Stampfbeton schon weit fortgeschritten. Betonvibratoren waren beim Bau noch nicht gebräuchlich. Damit war eine lokale Bewehrungsstahlkorrosion im Beton nicht auszuschliessen.

Für die neue Nutzung waren neue Treppenkerne, die auch als Fluchtwege dienen, zwingend nötig. Dazu mussten zwei Silozellen an den Gebäudeenden rückgebaut werden. Zusammen mit den beiden eingezogenen Geschossdecken stabilisieren diese Kerne neu das Gebäude und dienen als Erdbebenertüchtigung. In Anlehnung an die ursprüngliche Nutzung des Silos wurden die Silotrichter mit einer Leichtschüttung befüllt. Diese diente auch als Schalung für die Herstellung der darüber liegenden Betonplatte.

Die Betonüberdeckung war bei den Silozellen ebenfalls ungenügend und erfüllt die Anforderungen im Brandfall nicht. Einzig die für eine hohe Nutzlast dimensionierten Stützen konnten für die Tragsicherheit während eines Brandes dienen. Die neuen Decken liegen daher nur auf den Stützen auf. Im Brandfall wirken die Silozellen als nichttragende Elemente und erfordern keinen Brandschutz.

In einem Gebäude rostet Stahl nur, wenn die Luftfeuchtigkeit genügend hoch ist. In einem unbeheizten Silo mit annähernd Aussenklima ist dies gegeben. Zukünftig wird das Silo beheizt und damit die Luftfeuchtigkeit gesenkt. Mit einer schnell fortschreitenden Korrosion der Bewehrung ist daher auch bei den bereits karbonatisierten Bereichen nicht zu rechnen. In den beheizten Räumen wurden dementsprechend keine Massnahmen vorgesehen. Die Luftfeuchtigkeit ist dort in der Regel genügend tief. Eine mögliche Korrosion würde sehr langsam ablaufen. Die Küchen und Nassräume wurden mit einer Versiegelung der Oberflächen saniert. Nach jahrelangen Planungen und Bauarbeiten krönt das über 100-jährige Silo nun als Herzstück die Entwicklung des Stadtteils Erlenmatt Ost.



PUBLIKATIONEN

"Roh­dia­man­ten im Si­lo"

"Kei­ne Angst vor Kar­bo­na­ti­sie­rung"

aus TEC21, 01-10-2020, © espazium.ch

 

AUSZEICHNUNGEN

Architekturpreis Beton 21, Auszeichnung

Building-Award 2021, Auszeichnung Hochbau

Christian Kahl

Harry Gugger Studio

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Grundriss 1. Obergeschoss Schnetzer Puskas Ingenieure

Schnitt Kern Nord Schnetzer Puskas Ingenieure

Querschnitt Schnetzer Puskas Ingenieure

Schnetzer Puskas Ingenieure

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