Bauherrschaft Schöpflin Stiftung, Lörrach
Architektur AFF Architekten, Berlin
Tragwerksplanung Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel & Berlin
Planungszeit 2018-2020
Realisierungszeit 2019-2023
Status Gebaut

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Die Stiftung Spore hat sich auf die Fahne geschrieben, Nachhaltigkeit mit Kultur zu verknüpfen. Dass dies auch auf baukultureller Ebene im Tragwerk geschehen soll, war Anforderung an das Planerteam für den Neubau des Zentrums für globale Earthbound-Projekte der Stiftung – für das Haus Spore Initiative. Es liegt an der Hermannstrasse 86 in Berlin in unmittelbarer Nähe zur U-Bahn-Linie 8, einem unter Denkmalschutz stehenden Leuchtfeuermasten des stillgelegten Flughafens Berlin-Tempelhof sowie einem ehemaligen Friedhof mit nicht verschieblichen Gräbern, unter Denkmalschutz stehendem Tor und schützenswerter Begrenzungsmauer.

Die Spore einer Pflanze dient als Ausgangspunkt einer neu entstehenden, organisch gewachsenen und fugenlosen Struktur, die mit minimalem Materialeinsatz grösstmögliche Ziele erreichen kann. Angelehnt an diesen Leitgedanken wurde das Tragwerk entwickelt, dessen Prinzip bereits in der Wettbewerbsphase definiert war und dessen Ziel es war, monolithisch zu tragen und dem Haus möglichst flexibel nutzbare Räumlichkeiten zu verleihen. Außerdem waren drei Aspekte für den Bau massgebend: minimierte Querschnitte der Tragelemente, der Einsatz von recyclierten Klinkersteinen für die umlaufende Fassade im Obergeschoss und von rötlichem Recyclingbeton im Erdgeschoss sowie den Baustellenabfall für sekundäre Tragelemente wieder zu verwenden.

Als wesentliches architektonisches Element besticht die «Spore-Decke». Über iterative Prozesse wurden anhand parametrischer Simulationen computerbasierter 3D-Modelle die Hauptspannungstrajektorien der Deckenbelastungskurven in eine Betonrippenstruktur übersetzt. Im Ergebnis konnte eine extrem materialoptimierte Sichtbetonrippendecke konzipiert werden, die Spannweiten bis 12 Meter aufweist. Um den vergleichsweise hohen Herstellungsaufwand budgetgerecht umsetzen zu können, wurde auch die Schalungsproduktion aus dem 3D-Modell entwickelt und für den Schalungsbauer in Zuschnittsvorlagen und Konstruktionsschablonen übersetzt.

Mit dem geschickt ausbalancierten Tragsystem konnten aus der organisch anmutenden Decke und den über drei Geschosse verteilten, vorgespannten Wandscheiben gleichzeitig die stützenfreien Museumsräume im ersten Obergeschoss umgesetzt, das stützenfreie Erdgeschoss ausgeführt und das Fundationsproblem auf dem alten, gemauerten U-Bahn-Tunnel unterhalb der Hermannstrasse gelöst werden. Das ist in Anbetracht des hohen Re-Use-Anteils, der ausgeprägten Materialeffizienz und des minimierten Rohstoffverbrauchs bemerkenswert. Neben all den denkmalgeschützten Gebäuden hat Spore Initiative dank des effizienten, ökologisch umgesetzten und materialoptimierten Tragwerks durchaus das Potenzial, künftig selbst diesen Status zu erreichen.

Hans-Christian Schink

Innenansicht der Spore-Decke im Auditorium Hans-Christian Schink

Vorspannkonzept für stützenfreie Museumsräume, Foyer & Auditorium Schnetzer Puskas Ingenieure

Schematischer Spannkabel-Verlauf im OG2 und OG3 Schnetzer Puskas Ingenieure

Statische Hauptmomente hinter der minimierten und materialoptimierten Rippendecke Schnetzer Puskas Ingenieure

Sporedecke mit qualitativ eingezeichnetem Bewehrungsgehalt der Rippen Schnetzer Puskas Ingenieure

Isometrie Gebäude oberirdischer Teil, inkl. Fassade Schnetzer Puskas Ingenieure

Fassadenabwicklung ohne Fugen Schnetzer Puskas Ingenieure

Ansichten der Ausstellung "Schnetzer Puskas Ingenieure. Balanced Structures" an der Architektur Galerie Berlin, 5. September - 12. Oktober 2024 Jan Bitter

Tjark Spille

Bauherrschaft Schöpflin Stiftung, Lörrach
Architektur AFF Architekten, Berlin
Tragwerksplanung Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel & Berlin
Planungszeit 2018-2020
Realisierungszeit 2019-2023
Status Gebaut