Bauherrschaft Barcelona d`Infrastructures Municipals S.A.m Barcelona
Architektur Herzog & de Meuron Architekten AG, Basel
Tragwerksplanung WGG Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Robert Brufau I Associats, Barcelona
Planungszeit 2002-2005
Realisierungszeit 2006-2008
Status Gebaut

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Form und Lage des Dachs des Forum 2004 in Barcelona orientieren sich an städtebaulichen Achsen. Aus den architektonischen und städtebaulichen Bezügen resultiert eine fast dreieckförmige Dachfläche mit annähernd je 180 Metern langen Seiten. Die schiere Grösse ist kaum fassbar: Das Dach wird auf nur 17 Punkten gelagert und weist Spannweiten von 60 Metern auf. Die Ecken des Dachdreiecks kragen bis zu 25 Metern aus. Die Ausstellungsebene ist an der Dachstruktur aufgehängt, welche das Konferenzzentrum und den Platz, der um das Forum gruppiert ist, überdacht. Die Stahl-Beton-Verbundkonstruktion hat eine statische Höhe von 4 Metern und ähnelt einem Sandwich: Zwischen der 30 Zentimeter dicken oberen und unteren Betonplatten, die als Druck- und Zugzone funktionieren, liegen Stahlfachwerke, die im Wesentlichen die Verbindung respektive Schubverbindung der beiden Platten übernehmen.

Bei der Konzeption solch grosser, biaxial tragender Plattentragwerke stellt sich die Frage der geometrischen Anordnung der Fachwerke in Beziehung zur Lage ihrer Stützpunkte. Während Erschliessungskerne und Nutzungsvorgaben meist die Lage der Stützpunkte auf wenige Meter genau vorgeben, ist die Anordnung der Fachwerkträger grundsätzlich offen. Damit die biaxiale Tragwirkung aber tatsächlich funktioniert, sind mindestens zwei Fachwerkscharen erforderlich, die vorteilhafterweise orthogonal zueinander liegen. Drei Fachwerkscharen wären für die Entfaltung der Tragwirkung und für die Flexibilität der Stützenstellung idealer, sind aber praktisch kaum umsetzbar, da die Herstellung der Knoten mit jeweils zehn Stäben – sechs anzuschliessende Profile in der Gurtebene, ein Pfosten und drei Diagonalen – viel zu aufwändig ist. Die Konstruktion mit zwei Fachwerkscharen ist nach wie vor aufwändig, denn in einem Knoten vereinigen sich immer noch sieben Stäbe – vier Gurtstäbe, ein Pfosten und zwei Diagonalen – die alle konstruktiv zusammengeführt werden müssen. Die zwei Fachwerkscharen in der Dachkonstruktion des Forums sind orthogonal zueinander angeordnet und ihre detaillierte Lage orientiert sich an einer Seite der dreieckförmigen Dachform. Dort, wo Stützpunkte vorgesehen sind, liegt zugleich der Schnittpunkt zweier Fachwerke mit entsprechendem Pfosten. Bei der relativ grossen Anzahl Fachwerken auf nur wenigen Stützpunkten sind die meisten Fachwerke logischerweise indirekt gelagert.

Die Ausbildung der Tragstruktur wirft zudem eine zweite fundamentale Frage auf: Wie soll die Sandwichplatte tragen? Die Tragstruktur kann als «Pilzdecke» betrachtet werden, die hauptsächlich die Lasten über negative Momente direkt zum Stützenbereich trägt, oder sie funktioniert als «Trägerdecke», welche die Lasten mit Feldmomenten zu den Stützen leitet. Eine Kombination beider Tragstrukturen ist ebenfalls denkbar. Im Fall des Dachtragwerks ist dieses eher als «Trägerdecke» konzipiert. Dieses Konzept wird durch eine zusätzliche Vorspannung verstärkt. Um die Verformungen zu reduzieren, ist eine Vorspannung ohne Verbund im Zwischenraum der beiden Betonplatten parallel zu Hauptfachwerken angeordnet. Aufgrund der gewählten Baumethode mit grossen vorgefertigten Stahlraumfachwerken hätte im Nachhinein allerdings ein Tragwerkskonzept als «Pilzdecke» dem Kräftefluss und dem Bauvorgang besser entsprochen.

Das Forum kurz vor der Fertigstellung Herzog & de Meuron

Montage der Stahlkonstruktion Schnetzer Puskas Ingenieure

Längsschnitte durch die Dachkonstruktion (oben), Fassadenansichten (unten) Schnetzer Puskas Ingenieure

Kabelführung der Vorspannung ohne Verbund in der Dachkonstruktion Schnetzer Puskas Ingenieure

Grundriss der Strukturebene mit den Stützenkapitellen und den Voids (Löcher) Schnetzer Puskas Ingenieure

Generierte Oberflächenstruktur der Aussenraum- und der Auditoriumdecke Schnetzer Puskas Ingenieure

Detailansicht der generierten Oberflächenstruktur Schnetzer Puskas Ingenieure

Aussenraumdecke (Baustellenaufnahme) Schnetzer Puskas Ingenieure

Die 27 Meter auskragende, nördliche Gebäudeecke mit den verkleideten Kernen und der Aussenraumdecke José Miguel Hernández

Bauherrschaft Barcelona d`Infrastructures Municipals S.A.m Barcelona
Architektur Herzog & de Meuron Architekten AG, Basel
Tragwerksplanung WGG Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Robert Brufau I Associats, Barcelona
Planungszeit 2002-2005
Realisierungszeit 2006-2008
Status Gebaut